Die Stadt, die Wissen schafft

von Mike Burkhardt

Dieses Motto unserer Stadt haben wir im Sinne der Aufklärung (wie sollte es beim Namen unserer Schule anders sein) hinterfragt und sind losgezogen, um es zu überprüfen. Dabei sind wir nur innerhalb des Walles geblieben und haben bei unserer fast 5stündigen Mini-Expedition mit Sicherheit viele offene und verdeckte Besonderheiten noch gar nicht betrachtet.

Dennoch wurde schnell deutlich, dass in Göttingen nicht nur Wissen geschaffen, sondern auch Geschichte(n) geschrieben wurde(n). Dichternamen, die wir sonst nur aus Schulbüchern kennen, wie Heine, Brüder Grimm und Goethe, sind uns auf den Gedenktafeln an Hausfassaden ins Auge gefallen. An Wohnadressen von Lichtenberg und Gauß (logisch!), Knigge und Forster sind wir schon so oft vorbeigegangen, ohne sie bewusst zu registrieren. Ja, wir standen dort, wo sie ihre Spuren interlassen haben! Aber nicht nur deutsche Dichter und Denker haben einmal das Göttinger Pflaster betreten - Benjamin Franklin (Physiker und einer der „Gründerväter“ der USA), Howard Taft (ehem. US-Präsident) und J.P. Morgan (Besitzer der Titanic) haben hier studiert bzw. gewirkt und wir begannen zu verstehen, was es mit dem Motto der Stadt auf sich hat.

Dass so langsam auch die Frauen, die zu diesem beigetragen haben, wie Nelly Neumann, Edith Stein, Agathe von Siebold, sowie die „4 Universitätsfräulein“ (u.a. Dorothea Schlötzer und Therese Heyne) dem Nebel der Geschichte entrissen wurden und werden, hat uns im Sinne der ganzheitlichen Geschichtsbetrachtung gefreut.

Für das größte Synapsenfeuerwerk hat jedoch gesorgt, wie eng die Geschichte Göttingens im 18. und „langen“ 19. Jahrhundert mit Großbritannien zu tun hatte (und hat). Vom Gründer der Uni (King George II.), über den Stifter der Aula am nach ihm benannten Platz (Wilhelm IV.), bis hin zum Benennungsgrund der Prinzenstraße und der Residenz von George V. im ehemaligen Gashof zur Krone - königlich-kurfürstliche Welfen-Prominenz wohin man schaut.

Natürlich kam es da auch zwangsläufig zum wissenschaftlichen Austausch, wie zwischen Lichtenberg und George III. (ja, dem von „Queen Charlotte“), die Dank der Liebe zur Astronomie eine lebenslange Freundschaft verbunden habe. Aber auch indirekt sind London und Göttingen miteinander verbunden: wir haben Händelfestspiele und Händel hat am Hof von George I. und später George II. einen Großteil seines Lebens verbacht. Dort gilt er als einer der einflussreichsten Komponisten und viele seiner Werke, wie die Wassermusik, verfasste er an der Themse-Hauptstadt, die in seinem ehemaligen Wohnhaus ein Museum eingerichtet hat.

Wenn wir jetzt noch anfangen sollen, über Göttingen in früheren Jahrhunderten zu berichten, wovon wir auch Einiges mitbekommen haben, wie etwa, die Bedeutung als Handels- und Logistikzentrum oder wie es zur 1. reformatorischen Predigt gekommen ist, oder auch noch darüber reden sollen, warum Bismarck zwei Wohnanschriften hatte, oder wie sich die Stadt mit ihren dunklen Kapiteln auseinandersetzt, müssten wir unser Abi verschieben. So viel sei jedoch gesagt: im Februar haben wir uns in der Ausstellung „Göttingen kolonial“ im Stadtmuseum, mit Kooperation der Georg-August Universität, intensiv mit diesem Kapitel der Stadtgeschichte im „langen“ 19. Jahrhundert beschäftigt - dieses Mal mit den Dichtern und Denkern, die diese Zeit prägten. So haben wir einen multiperspektivischen Einblick in die Geschichte bekommen - was uns zu folgendem Schluss bringt: Göttingen - die Stadt, die Wissen schafft.